Presence arbeitete mit Europäischen Betriebsräten, seit es diese gibt. Im Laufe der Jahre verfolgten wir mit, wie die EBRs wuchsen und sich weiterentwickelten, und passten unsere Unterstützung den sich ändernden EBR-Bedürfnissen an. Sehr häufig beobachten wir, dass neue EBR-Mitglieder — sowohl Führungskräfte als auch Arbeitnehmervertreter — sich bei ihrer ersten Begegnung mit dem Europäischen Betriebsrat verloren fühlen. Dieser Artikel soll ihnen einen ersten allgemeinen Eindruck dessen vermitteln, was Europäische Betriebsräte sind und was ihre Daseinsberechtigung ist. Bitte setzen Sie sich mit uns über den Link am Ende dieser Seite in Verbindung, wenn Sie detailliertere und weiterführende Informationen möchten.

Ein Europäischer Betriebsrat (kurz: EBR) ist ein Ratsorgan, in dem sich europäische Arbeitnehmervertreter eines bestimmten multinationalen Konzerns und Vertreter der Leitung dieses Konzerns zur Erörterung von Themen zusammenfinden, die sich auf die Geschäftsentwicklung und deren Auswirkung auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und -methoden beziehen. Der Europäische Betriebsrat wurde von der EU-Kommission kraft einer Richtlinie ins Leben gerufen. Das Ziel war es, in Unternehmen eine Struktur einzurichten, über die die Unternehmensleitung Arbeitnehmer hinsichtlich wichtiger grenzüberschreitender Projekte und Änderungen an Unternehmensstruktur bzw. -aktivitäten unterrichten und anhören kann. So bekamen Arbeitnehmer die Möglichkeit, der Unternehmensleitung über ihre Vertreter ihre Ansichten zu vermitteln und Vorschläge zu aktuellen Themen zu unterbreiten. Die ursprüngliche Betriebsratsrichtlinie stammt aus dem Jahr 1994 und wurde 2009 novelliert. Die Richtlinie wurde in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt. Obgleich EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie dabei an die eigene Kultur und Tradition anpassten, gibt es einige Mindestvorschriften, die in allen Mitgliedstaaten identisch sind. Dazu gehören folgende Vorschriften:

  • Das Unternehmen muss, um einen Europäischen Betriebsrat einrichten zu können, mindestens 1.000 Arbeitnehmer in den EU-Mitgliedstaaten und jeweils mindestens 150 Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten beschäftigen.
  • Die Unternehmensleitung bzw. die Arbeitnehmer müssen die Beantragung zur Errichtung eines EBR initiieren. Dies wird nicht von externen Einrichtungen/Organen auferlegt.
  • Es muss ein besonderes Verhandlungsgremium aus Arbeitnehmervertretern gebildet werden. Dieses Gremium handelt mit der zentralen Leitung eine Vereinbarung aus, die die Grundlage für die zukünftige Arbeit des EBR bildet.
  • Wenn die Verhandlungen innerhalb von drei Jahren nicht zu einer EBR-Vereinbarung führen, treten die so genannten subsidiären Vorschriften in Kraft. Dies sind die Mindestvorschriften bei der Umsetzung in nationales Recht. Die EBR-Vereinbarung enthält dann diese Vorschriften, und nicht die spezifischen Anforderungen der Verhandlungspartner — die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums und die zentrale Leitung.
  • In der EBR-Vereinbarung muss auch immer die Gesetzgebung des EU-Mitgliedstaats angegeben sein, die im Streitfall Anwendung findet.

Nach Lage der Dinge dienen die EBR-Richtline und deren nationale Umsetzungen als Rahmen für die Aushandlung der EBR-Vereinbarungen. Die EU-Kommission hält Unternehmen jedoch dazu an, die Vereinbarungen ihrem Unternehmen und dessen Geschäftslage anzupassen. Das bedeutet, dass die EBRs verschiedener Unternehmen in Bezug auf Größe, Zusammensetzung und Arbeitsmethode sehr unterschiedlich sein können. Dies erschwert manchmal einen Vergleich. Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht der Arbeitnehmervertretung steht stets im Vordergrund, doch die Art und Weise der praktischen Umsetzung ist unterschiedlich.

Es ist zwar nützlich, im Internet nach Informationen über die Arbeitsweise und den Zweck von EBRs zu recherchieren. Doch am besten sollte man die spezifische Beratung von EBR-Sachverständigen in Anspruch nehmen, um sich eine korrekte Vorstellung davon zu machen, was von EBR-Mitgliedern erwartet wird. Diese Sachverständigen sind nicht notwendigerweise externe Berater. Bei bereits bestehenden EBRs kann es sich dabei um Kollegen handeln, die seit einiger Zeit im EBR tätig sind und Ihnen alles darüber erzählen können, wie Ihr EBR funktioniert. Wenn Sie einen EBR gründen und eine Vereinbarung aushandeln möchten, ist es wahrscheinlich am besten, wenn Sie einen Sachverständigen unseres EBR-Netzwerks zu Rate ziehen. Diese Sachverständigen verfügen über umfassende Erfahrung bei der Aushandlung von Vereinbarungen und der EBR-Verwaltung und sind für gewöhnlich Mitglied einer Gewerkschaft bzw. eines Arbeitgeberverbands oder sind mit einer dieser Körperschaften anderweitig verbunden. Es gibt zudem mehrere Organisationen, die spezielle, praxisorientierte Schulungen und Einführungen zum Thema EBR anbieten und Ihnen hier weiterhelfen können.

Hoffentlich hat dieser kurze Überblick dafür gesorgt, dass Ihnen die Arbeit in einem EBR weniger abschreckend erscheint. Sie möchten detaillierte Informationen oder möchten sich von einem EBR-Sachverständigen unseres Netzwerks beraten lassen? Oder suchen Sie nach Schulungsangeboten für Sie oder Ihren EBR? Bitte setzen Sie sich dann mit uns in Verbindung!

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